Litfaßsäulen in Lennep

30 März 2020 , Verfasst in Aus dem alten Lennep 

Mitte März 2020 gab es in der heimischen Presse Nachrichten über den Abbau früherer Litfaßsäulen, dabei war auch eine am Lenneper Kreishaus, wo das umgebende Areal nunmehr schöner gestaltet werden soll. Im Remscheider General-Anzeiger hieß es dazu: „Das Zeitalter der Litfaßsäulen ist vorbei. Werbung findet heute auf anderen Kanälen ihren Weg als auf klobigen Riesen“. Ja, dies stimmt, im Zeitalter der digitalisierten Nachrichtenübermittlung, und der Werbung, die sich ja sowieso immer der neuesten technischen Mittel bedient und dies auch muss. Als die Litfaßsäulen Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden, da gab es unsere heutige digitalisierte Welt noch nicht, und man wandte natürlich die damals zeitgenössisch möglichen Werbemittel an. Im Internet bei Wikipedia lesen wir u.a.: Eine Litfaßsäule ist eine auf dem Gehweg von Straßen aufgestellte Anschlagsäule, an die Plakate geklebt werden. Sie wurde vom Berliner Drucker Ernst Litfaß erfunden und im Jahr 1854 erstmals verwirklicht. Die runde Säule zählt zum Bereich der Außenwerbung. Die Idee, Plakatsäulen aufzustellen, entstand u.a. auch, um der damals um sich greifenden Wildplakatierung wirksam entgegenzuwirken …

Abb. 1 Abb. 2
Litfaßsäulen am Lenneper Bahnhof in der guten alten Zeit bzw. während der politischen Kämpfe um 1920

Ich selbst kann mich noch gut daran erinnern, dass in unserem Lennep die Litfaßsäulen eine durchaus große Rolle spielten. Am Mollplatz aufgewachsen, stand für mich die nächste Litfaßsäule direkt um die Ecke herum am Beginn der Lüttringhauser Straße vor dem ehemaligen preußischen Postgebäude, das später als Lenneper Polizeistation genutzt wurde. Dort gab es auch eine Bushaltestelle. Und natürlich wurden die Litfaßsäulen vor allem dort aufgestellt, wo sich viele Menschen aufhielten bzw. vorbeikamen. In Lennep war dies z.B. der Fall auch am Bismarckplatz, am Kreishaus, an Kreuzungen etwa in der Friedrichstraße oder in der Nähe des Jahnplatzes und der Friedhöfe an der Ecke von Hardt- und Mühlenstraße und selbstverständlich auch am Stadion und am Lenneper Bahnhof.

Abb. 3 Abb. 4
Historische Litfaßsäulen am Bismarckplatz und in der Lenneper Neustadt Ecke Friedrich- und Hermannstraße

Da kommt man auf die Idee, auch einmal in den historischen Lenneper Ansichtskarten nachzusehen, ob es bildliche Zeugnisse der Lenneper Litfaßsäulen gibt. Und siehe da, da gibt es durchaus einige, sogar so viele, dass wir sie hier gar nicht alle wiedergeben können. Um 1900 bis 1910, in einer prosperierenden Zeit, in der sehr viele interessante und bunte Ansichtskarten gedruckt wurden, entdeckt man u.a. auch solche, die den späteren baulichen Entwicklungen und den Straßenveränderungen durch die beiden Weltkriege weichen mussten, aber auch solche, die noch lange nach dem Zweiten Weltkrieg Bestand hatten und genutzt wurden.

Abb. 5 Abb. 6
Litfaßsäulen an den Verkehrsknotenpunkten am Kölner Tor und am Kaiserplatz bzw. Elberfelderstraße, später Mollplatz / Lüttringhauser Straße

Zu den zeitgenössischen Werbemitteln gehörten natürlich auch die Menschen, die sie bearbeiteten und auf dem neuesten Stand hielten. Schließlich gab es ja immer neue Nachrichten und Plakate, früher durchaus auch in kleineren Formaten, und alle mussten natürlich genehmigt und die Präsentation auch bezahlt werden. Schon in der preußischen Zeit ging das natürlich seinen ordnungsgemäßen Gang. Mancher von uns erinnert sich vielleicht noch, wie zwischendurch nach und nach die Papierschichtdicke an den Säulen immer mehr zunahm, und dass nach anhaltenderen Regengüssen dicke Plakatschichten durchweichten und teilweise oder ganz von den Säulen abfielen. Die jüngeren unter uns kennen wohl nur noch die Plakatkleber, die bereits im Auto vor die Plakatsäule fuhren und große Flächen beklebten, aber vor hundert Jahren sahen die „Zettelankleber“ noch anders aus. In einem bereits mit Kleister beschmierten Kittel fuhren sie auch in unserem Städtchen Lennep meist auf einem Fahrrad von Säule zu Säule, mit einer umgehängten Tasche, die die gefalteten Zettel und Plakate enthielt, sowie einem Kleistertopf und einem großen Kleisterpinsel. Oft wurden die Arbeitsmittel auch auf einem Fahrradkarren transportiert, es gab um die vorletzte Jahrhundertwende dafür sogar auch Hundegespanne. Ob es wie bei den sprichwörtlichen Berufstodesfällen der Bibliothekare auch Todesstürze von der mitgeführten Leiter gegeben hat, dies ist mir nicht bekannt, gemessen an der Höhe der preußisch genormten Normalsäule war eine besondere Höhe nicht notwendig. In so manchem Lenneper Histörchen wird natürlich auch davon berichtet, dass Litfaßsäulen schon früh auch unbefugt genutzt wurden, von Verliebten und solchen, die anderen eher „etwas Böses anhängen“ wollten, hier also an der Litfaßsäule, aber dies ist eine andere Geschichte und war natürlich bei Strafe verboten. Unser heute letztes historisches Foto unten rechts wurde nicht wie die anderen in Lennep aufgenommen. Es zeigt den historischen „Zettelankleber“ als Stereotype in einer vergangenen Zeit und kursierte als Ansichtskarte mit den unterschiedlichsten Ortszuweisungen. So hätte er natürlich auch ein Lenneper sein können.

Abb. 7 Abb. 8
Frühere Litfaßsäule vor den katholischen Schulen in der Mühlenstraße und Darstellung eines im Kaiserreich typischen Zettelanklebers auf einer preußischen Ansichtskarte

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