Bahnhofstraße und Düstergasse

18 Mai 2020 , Verfasst in Aus dem alten Lennep 

Letzte Woche druckte eine Remscheider Tageszeitung ein Foto als Rätselbild ab, und man fragte nach dem Namen der dazugehörigen Straße. „Der Name der kleinen Straße verheißt nichts Gutes“, hieß es. Die Antwort auf diese Frage konnten vor allem die älteren Lenneper geben, denn es handelt sich bei der gesuchten Straße um die Lenneper Düstergasse, oder besser: um ein heute sehr verändertes Teilstück von Ihr, und zwar um den oberen Teil zwischen der heutigen Bahnhofstraße und der Straße Am Johannisberg. Insgesamt verläuft die schon sehr alte Düstergasse, die bis hinein ins 20. Jh. offiziell Düstere Gasse und später zeitweise Rathausstraße hieß, von der Poststraße hinauf über die Bahnhofstraße bis zur Straße Am Johannisberg.

Abb. 1 Abb. 2
Das historische Foto aus dem RGA vom November 1980 (Repro R. Keusch. 2020) zeigt das schon lange nicht mehr existente Eckhaus an der Lenneper Düstergasse / Bahnhofstraße. Auf der colorierten Ansichtskarte aus der Zeit vor 1910 erkennt man links dieser Straßenecke sehr gut Das gesamte Areal in der Nähe des Lenneper Bahnhofs war im 2 Weltkrieg durch die Bombardierung schwer beschädigt und wurde ab den 1950er Jahren mehrfach neu bebaut.

Dass diese Gasse nichts Gutes verheißt, das lassen wir mal so stehen, denn mit Düsterkeit verbinden wir natürlich i.d.R. Gefahren. Allerdings kann man das heutzutage auch anders sehen. Als Lenneps enge Gassen nach und nach zu Straßen wurden, man denke z.B. auch an die Hardtstraße, die der Lenneper Baumeister Albert Schmidt für die frühere Zeit als einen engen dunklen Gartenweg beschrieb, da wurde dabei natürlich auch die ursprüngliche Natur eingeschränkt oder gar beseitigt. Lennep hielt sich Ja längere Zeit zugute, eine veritable Gartenstadt zu sein, nach und nach nahm das aber entwicklungsbedingt wieder ab.
>Düstere Gassen wie die heute hier thematische gab es also sehr oft Im früheren Lennep, und manche davon führten aus dem historischen Stadtkern bzw. von seiner befestigten Umrandung her In die nächsten Zentren, beispielsweise nach Remscheid quer über die heutige Gartenstraße und Karlshöhe, oder über die heutige Bergstraße als dort weiter oben noch keine Elsenbahntrasse den Weg versperrte. So war es auch mit der Düsteren Gasse, die lange Im unteren Teil ein wahres Gartenparadies war. Es sind viele gut colorierte Ansichten dieses unteren Teils der Düstergasse aus der Zeit vor und um 1900 überliefert, überall sieht man üppiges und gepflegtes Grün, sogar mit privaten Gewächshäusern, denn die Anwohner an der Poststraße, die als Speckgürtel der Stadt zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstand, waren überwiegend wohlhabende Fabrikanten. Nach oben, also In Richtung Remscheid, gelangte man früher über die Düstergasse und die Alte Kölner Straße hinaus aus der Stadt.

Abb. 3 Abb. 4
Der untere Teil der Düstergasse, früher „Düstere Gasse“, war im 19. Jh. von großen Gärten umgeben, und in der Nacht war es in dem engen Gässchen dort durchaus düster und vielleicht unheimlich.

Zurück zu unserem Rätselbild. Das heutzutage nicht mehr existente Anwesen an der Kreuzung von Düstergasse und Bahnhofstraße, direkt gegenüber dem ehemaligen Rathaus bzw. Amtsgericht, entstand wohl im Jahre 1886 im Zusammenhang der Schaffung der heutigen Bahnhofstraße, die der damalige Bürgermeister Sauerbronn im Sinne einer notwendigen Stadterweiterung veranlasst hatte. Lennep war durch die Eisenbahn und ihren Bahnhof noch mehr zu einem Verkehrsknotenpunkt geworden. Vom Lenneper Bahnhof aus mussten neue Verkehrswege geschaffen werden, auch die heutige Straße Am Johannisberg war damals ein solcher und bildete mit dem Vorläufer der heutigen Rotdornallee zunächst eine neue sog. Mittelstraße, auf die weiter oben an der Kölner Straße  die Hochstraße (später Ringelstraße) in der Nähe des Kreishauses folgte. Allein Im Jahre 1886 errichtete der damalig ehrenamtliche Stadtbaumelster Albert Schmidt in der Bahnhofstraße, die seinerzeit allerdings Kaiserstraße hieß, drei Wohnhäuser, eines für die Familie Fritz Hardt, eines für die Öfen- und Herde-Handlung Hugo Heuck und eines für die Installateur Meisterfamilie Josef Grobel. Weitere Privathäuser für Lenneper Familien, u.a. für die Familie Daniel Witscher, ein Vereinshaus mit Alumnat sowie ein Hotel direkt gegenüber dem Bahnhof folgten. Diese Häuser und einige Bauten drumherum entstanden zu einem großen Teil noch vor dem 1889 entstandenen Lenneper Rathaus und sahen sich in einigem durchaus ähnlich.

Das Haus an der Ecke der Düstergasse und der Bahnhofstraße, genau gegenüber dem früheren Rathaus bzw. Amtsgericht, ist übrigens auf vielen historischen Fotografien bzw. Postkarten mit abgebildet, welche die wilhelminisch imposante Kaiserstraße von der Kölner Straße her sehen. Dabei erblickt man vor diesem Eckhaus, durch die Düstergasse getrennt, oft noch das Firmenschild der Ofen- und Herde-Firma Hugo Heuck und oberhalb zum Bahnhof hin das evangelische Vereinshaus und ggf. das Hotel Kaiserhof. Das Hauptmotiv solcher Ansichtskarten war natürlich meistens das 1889 erstellte Lenneper Rathaus, später Amtsgericht.

Viele der genannten Gebäude im Bahnhofsquartier sind heute gänzlich vergangen – das historische Ensemble mit Rathaus wurde durch den Zweiten Weltkrieg weitestgehend zerstört, wenn auch das Rathausgebäude selbst erhalten blieb. Auf dem Areal zwischen den genannten Straßen hatten die alliierten Bomben ganze Arbeit geleistet. Was nicht völlig zerstört war, wurde ab den 1950er Jahren nach und nach beseitigt, und Großfirmen wie z.B. das RWE oder Versicherungskonzerne bauten neu, sogar mehrmals hintereinander.

Abb. 5 Abb. 6
Gegenüber dem in der Abb. 1 gezeigten Eckhaus befand sich In der früheren Kaiserstraße 10 das ebenfalls um die Ecke zur Düstergasse führende Geschäft von Hugo Heuck d.Ä. bzw. seinen familiären Nachfolgern. Auch dieses Privat- und Geschäftsanwesen mit großen Schaufenstern in beiden Straßenzügen wurde 1886 Im Zusammenhang der Entstehung der Kaiserstraße gebaut Nach der Erinnerung des Schreibers dieser Zeilen entstand dort Anfang der 1960er Jahre von der Düstergasse her auf engem Raum einer der ersten Lenneper Discount Läden.

Wie das historische Rathaus bzw. Amtsgericht aus dem Jahre 1889 sind zwar wenige Bauten geblieben, aber so wie an der gesamten Düstergasse, besonders auch an dem unteren Teil zur Poststraße hin, ist weiterhin viel abgerissen worden, neue Wohnanlagen wurden erbaut und die Hausnummern der alten Straßen zeigen sich verändert. Ich erinnere mich noch gut, dass Ich vor Jahren einmal mit der WDR für einen Rathausdreh vor Ort war und die Aktion außerhalb des Gebäudes abgebrochen werden musste, weil die großen Baulastwagen ununterbrochen in die Düstergasse fuhren und den Aufnahmeton störten. Immerhin konnte ich seinerzeit noch das legendäre kleine Gefängnis Im Rathaus besichtigen und ausprobieren. Ein karges Mittagessen reichte man mir durch die historische Zellenklappe zwar nicht, aber der Blick durch das vergitterte Souterrainfenster auf unser heute gesuchtes Haus an der Bahnhofstraße war natürlich ein Genuss. Zu guter Letzt noch einmal Blicke vom damaligen Rathaus aus über die „Düstere Gasse“ auf den historischen Kern der Kreisstadt Lennep und vom Lenneper Bahnhof aus die repräsentative Kaiserstraße hinunter.

Abb. 7 Abb. 8

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