Wetterkatastrophen in Lennep und Umgebung

16 Juni 2016 , Verfasst in Aus dem alten Lennep 

Unter der Überschrift „Erinnerungen eines Fünfundachtzigjährigen“ verfasste der Lenneper Albert Schmidt 1926 so manches über seine Erlebnisse in der Heimatstadt und kam unter anderem auch auf besondere Wettererlebnisse zu sprechen. Angesichts der gegenwärtigen Wetterkatastrophen nicht nur in Deutschland insgesamt, sondern auch in unserer Bergischen Heimat, haben solche scheinbar nur historischen Reminiszenzen besondere Aktualität, und wir sehen, dass es auch schon vor der vielzitierten Klimaverschiebung im 20. Jahrhundert Wetterkatastrophen gab, die damals vielleicht seltener, jedoch nicht weniger bedrohlich und existenzgefährdend waren. Der Lenneper Talsperrenbauer, der sich sein ganzes Leben nicht nur mit der Wupper, sondern mit der Meteorologie im allgemeinen befasste, Messstationen unterschiedlichster Art platzierte, mit dem Fernrohr die Sternenwelt beobachtete und im Sommer 1858 nach eigener Aussage unabhängig von Giambattista Donati den nach letzterem benannten Kometen entdeckte, äußerte sich über seine Beobachtungen so:

Abgesehen vom ersten Lebensjahre in meinem Geburtshause an der Poststraße in Lennep habe ich mein ganzes Leben an der Knusthöhe zugebracht. Dieser Berg ist einer der höchsten Erhebungen auf dem Höhenrücken innerhalb des großen Wupperbogens von Hückeswagen über Elberfeld nach Burg, und man hat dort eine sehr schöne und weitreichende Aussicht auf das Zentrum des Bergischen Landes. Von der höchsten Stelle aus konnte man den Kölner Dom sehen, an einigen Stellen blitzte bei sichtigem Wetter der Wasserspiegel des Rheins hindurch. Dieser Berg war, in einer längst vergangenen Zeit meines Daseins, in welcher ich mich noch meiner Lieblingsbeschäftigung der Mußestunden, der Beobachtung der Himmelserscheinungen  hingeben konnte, mein Observatorium. Von hier aus konnte ich nicht nur die gesamte Umgegend erblicken, sondern auch den Himmel und seine Wunder mit Auge und Fernrohr ergründen.


Die Familie Albert Schmidt wohnte seit 1842 an der steil aufsteigenden Lenneper  Knusthöhe, zuerst auf der rechten Seite mit den Hausnummern 11 und 13, in den Gärten dahinter befand sich auch lange Zeit das erste Baulager ihrer Firma. Auf der Abb. 2 sieht man die Familie vor ihrem Haus mit Mitgliedern der Verwandten Fritz Haas, Wender und Dührholt. Im Jahre 1880 zog Albert Schmidt mit seiner Familie in das schräg gegenüber liegende Anwesen Knusthöhe 16, das einmal ein Geschäfts- und Lagerhaus der Lenneper Tuchfabrikanten Hölterhoff und später Fritz Hardt gewesen war. Es ist in der Abb. 3 im hinteren Teil gut zu sehen, einschließlich des davor gelagerten Baubüros. Vor Anlage der Lenneper Kanalisation im Jahre 1883 verlief hier ein Bach, an dem Albert Schmidt schon früh seine Wassermessungen betrieb. Von der Knusthöhe aus, besonders natürlich von ihrem obersten Teil, hatte man seinerzeit einen guten unverbauten Blick auf die auf die abwärts liegende Kernstadt. Gartenstraße, Wiesenstraße, Schillerstraße und Albert-Schmidt-Allee gab es noch nicht, allenfalls schmale Vorformen und oft als Sackgasse.

Ein Hagelschlag 1855
Der Bergische Himmel lieferte schon früher nicht nur angenehme Erscheinungen. Wie die Natur uns ihre volle Macht und unser Unvermögen, sie zu meistern, zum Bewusstsein bringen kann, zeigt der furchtbare Hagelschlag vom 24. August 1855, der einen großen Teil der bergischen Heimat verheerte. Am Abend dieses Tages stand ich mit meiner Mutter vor dem Hause an der Knusthöhe, und wir beobachteten die schweren dunklen Wolken, welche sich aus nordwestlicher Richtung heranwälzten. Wir sagten uns, es scheint ein starkes, weit ausgedehntes Gewitter im Anzuge zu sein, obwohl Donner und Blitz noch nicht bemerkbar waren. Aber als ich in der Nacht wach wurde, stand der ganze Himmel in Flammen. Die Blitze folgten sich in alle möglichen Fernen, es waren Flächenblitze und Strahlenblitze mit hunderten Abweichungen in so kurzen Zwischenräumen, dass die ganze sichtbare Welt wie in ein Feuer getaucht erschien. Der Donner rollte ununterbrochen wie eine Meeresbrandung an felsiger Küste bei schwerem Sturm. Gegen vier Uhr morgens hörten wir neben dem Donner ein eigentümliches Rauschen. Plötzlich ging ein Hagelschlag nieder, wie er seit dieser Nacht in hiesiger Gegend für Jahrzehnte nicht wieder erlebt wurde. Die einzelnen Hagelkörner hatten die Größe von Hühnereiern und bedeckten nach einer Dauer des Hagelschlages von etwa 5 Minuten 20 Zentimeter der ganzen Erdoberfläche, in einem etwa 6 Kilometer breiten Streifen vom Süden der Stadt Lennep bis nach Ronsdorf. Die Längenausdehnung erstreckte sich insgesamt von Holland bis zum Rothaargebirge, am Ende des Sauerlandes. Die Wirkung des Hagelschlages war furchtbar. Das ganze Laub und die kleineren Zweige der Bäume waren abgeschlagen. Tausende Vögel, Hasen und Kaninchen lagen erschlagen unter den Bäumen. Roggen, Hafer und alle Feldfrüchte lagen platt auf dem Erdboden. Alle Ziegeldächer und ein Teil der Schieferdächer waren nach der Wetterseite hin, Südwest bis Nordwest, vollständig zertrümmert. Ebenso waren an der Wetterseite alle Fensterscheiben und bei alten Fenstern sogar die Fensterrahmen vollständig zerschlagen. In vielen Betten, welche in der Nähe von Fenstern an der Wetterseite standen, mussten sich die Insassen die Decke über den Kopf ziehen, um sich vor den niederprasselnden Fenstertrümmern und Hagelgeschossen zu schützen. Nach Vorübergang des Unwetters wanderte ich auf die Spitze der Knusthöhe und konnte so ein Bild der furchtbaren Zerstörung in Lennep, welche der Hagel verursacht hatte, in mich aufnehmen. Am Tore eines benachbarten Gartens lagen Haufen von Äpfeln und Birnen mit Zweigen vermischt zusammen getrieben. Überall sah man die Bewohner der Häuser damit beschäftigt, Fenster und Dächer provisorisch mit Tüchern und Brettern zu verschließen, um sich vor weiteren Wetterunbilden zu schützen. Diese provisorischen Verschlüsse haben noch Monate standhalten müssen, weil die Ziegelwerke und Glasfabriken den ungeheuren Bedarf nicht sofort decken konnten. Von solchen furchtbaren Katastrophen ist unsere bergische Heimat danach über 70 Jahre gottseidank verschont geblieben. Die gewaltige Kraftäußerung der Natur hat auf mich, den damals 14jährigen Miterleber, einen großen Einfluss ausgeübt, ich fühlte wohl die menschliche Schwäche und das Unvermögen der allmächtigen Natur gegenüber, aber ich wurde auch angeregt, ihre Gesetze zu studieren und ihr als ein glühender Bewunderer nahe zu treten.


Albert Schmidt zeichnete mehrfach seinen „heimatlichen Berg“ in seiner Veränderung und unter unterschiedlichen Gesichtspunkten. Auf der Abb. 5 sieht man unter der späteren Wiesenstraße (damals noch eine schmale Sackgasse „in den Wiesen“) Wohnhaus und Wiese von Daniel Engels, mit einem Sammelteich, der zu den Teichen am Thüringsberg abgeleitet wurde. In Lennep war man fortwährend von Wasser umgeben und es gab unzählige Brunnen. Die erste geregelte Wasserversorgung mit dem ersten Lenneper Wasserturm von 1883 schuf auf der Knusthöhe auch einen Aussichtspunkt, von dem man bei entsprechendem Wetter den Kölner Dom sehen konnte. Noch bis in die 1960er Jahre war dieser erste Wasserturm, der gar kein Turm war, sondern eine Art begehbarer Hügel mit Geländer, Ziel Lenneper Spaziergänger und Liebespaare.

Der Wirbelsturm 1869
Aber ich möchte jetzt noch einmal zu meinem heimatlichen Berg, die Knusthöhe in Lennep, zurückkehren. Ich liebe ihn, ich habe seit frühester Jugend seine Eigenart studiert. Ist er doch der einer der Quellenspender unserer heimatlichen Lennepe. Was habe ich auf diesem Berg nicht alles erlebt und gesehen? Im Dezember des Jahres 1869 zog ein außerordentlich starker Wirbelsturm durch Norddeutschland in breiter Bahn und verursachte einen derart großen Windbruch in den Wäldern, dass die Forstverwaltung jahrelang daran arbeiten musste, dieses Fallholz zu ordnen und zu verwerten. Der Sturm wehte mit einer solchen Gewalt, dass eine Menge Dampfschornsteine umgeworfen und viele Ziegeldächer abgedeckt wurden. Im Gegensatz zu den weit ausgedehnten Stürmen, welche als Begleiterscheinungen von tiefen Depressionen das Land durchziehen, kommen kleinere Sturmwirbel von noch größerer Luftgeschwindigkeit als Gewitterböen und auch als selbständige Wirbel, sogenannte Tromben vor, bei denen meistens ein sich drehender Wolkenschlauch bis halbwegs zum Erdboden herabhängt, der die Fortsetzung eines von der Erde aufsteigenden Wirbels von Staub und leichteren Gegenständen bildet. Es treten dabei Luftgeschwindigkeiten ein, denen die stärksten Bäume nicht widerstehen können, und die ganze Gebäude niederreißen.

Ein Tornado über Lennep
Am Ende der 80er Jahres des vorigen Jahrhunderts zog ein solcher Luftwirbel im Süden der Stadt Lennep vorbei. Er war bei Wermelskirchen entstanden und zog von Born aus über die Wasserscheide von Feldbach und Lennep bis nach Wuppertal, südlich Krebsöge, wo er sich auflöste. Auf dem ganzen Weg hatte er eine Menge Bäume entwurzelt und Gebäude beschädigt. Am Morgen nach dieser Erscheinung traf ich am Bahnhof Krebsöge einen guten Freund, der mit seinem Gehöft ungefähr im Zentrum des Wirbels gelegen hatte. Ich stellte die Frage: „Wie ist das Euch gestern ergangen?“ Er erzählte nun in seiner gemütlichen plattdeutschen Mundart:

„Eck wor em Stall un woll die Käu füttern, da hört eck ob emol en furchtbares Specktakel. Eck mackte de Stalldür en bisken open un soh, wie unsere dicke Esche sek selbst dreihte un den Himmel fegte. Do dachte eck, nu geht die Welt unger. Eck steckte minen Kopp in den Grashopen un dachte, dat wullst du äwer nich anseihen. Als eck noch necks spürte als bloß dat Spektakel, do dachte eck, eck könnte de Dür noch ens open maken. Wo eck do herut soh, do flogen grade de Pöste, Breder un Pannen von miner Schür hoch en de Luft. Do dachte eck, nu geht es los un doh minen Kopp wieder en dat Gras. Es duerte nech lang, do war alles still, eck mackte de Dür open un sog nu de Bescherung. De Schür wor verschwunden, alle Böme afgebroken un umgereeten. Op dem Hus woren de Pannen weg. Do häff eck awer doch gehült!“

Man hat übrigens durch eine Geldsammlung so viel aufgebracht, dass die Scheune wieder errichtet werden konnte.


In seiner Freizeit war die Naturbeobachtung Albert Schmidts liebste Tätigkeit. So beschäftigte er sich 1870, einem Jahr des Polarlichtmaximums, ausführlich mit der Höhe des Nordlichtstrahls, und er berichtet in seinen Aufzeichnungen, dass er schon 1858 völlig unabhängig den später nach seinem offiziellen Entdecker genannten  Donati-Kometen beobachtet habe. Sein Fernrohr, hier mittlere Abb., benutzte er außer zu Himmelsbeobachtungen auch für bautechnische Zwecke. Es blieb in der Familie erhalten.

Eine Trombe (Tornado) in Müngsten 1906
Durch eine solche Trombe wurde 1906 die wunderbare Tannenallee in Müngsten zerstört. Die meterdicken Stämme der 150 Jahre alten Tannen wurden mit ungeheurer Wucht aus der Erde gedreht, sie lagen nebeneinander, die Wurzelstöcke oben. Man denkt an Goethes Hymnus an die Natur: Sie ist rauh und gelinde, lieblich und schrecklich, kraftlos und allgewaltig. Diese Erinnerungen an die Himmelserscheinungen und die in der Atmosphäre wirkenden Kräfte bilden ja nur einen kleinen Teil meiner langjährigen Erlebnisse, aber das Thema ist so unerschöpflich, dass es in einem einzelnen Artikel über die heimatlichen Geschehnisse gar nicht untergebracht werden kann. Von den Erlebnissen mit Wasserfluten, welche mich seit meiner Jugendzeit auf das Eingehendste beschäftigt haben, möchte ich gleich noch die größte Flut des Jahrhunderts im Gebiet der Wupper beschreiben.

Wassermessungen an der Lenneper Knusthöhe
Aber vorher muss ich noch einmal zu meinem heimatlichen Berg, der Knusthöhe und ihren eigenartigen Wasserverhältnissen zurückkommen, weil diese mit meinen Wasserbeobachtungen und Messungen, mit denen die späteren Talsperrenbauten in direktem Zusammenhang stehen, in Verbindung zu bringen sind. Der Brunnen an der im Jahre 1854 abgebrannten Waltherschen Tuchfabrik auf der Knusthöhe hatte so reichlichen Zufluss aus den oberen Schieferschichten des Berges, dass er fortwährend überlief. Da das Überlaufwasser durch ein Rohr in den offenen gepflasterten Straßengraben geleitet wurde, so hatten wir Bewohner der Knusthöhe das Vergnügen, vor unseren Häusern einen immer laufenden Bach mit klarem Brunnenwasser zu besitzen. Die Wassermenge dieses Baches war abhängig von dem Niederschlag. Die Schwankungen des Wasserabflusses an der Wupper und unserem Lenneper Straßengraben erwiesen sich als genau parallel. Wenn ich morgens aus dem Haus trat, wurde die Breite der Wasseroberfläche des Straßengrabens gemessen und daraus die Überlaufhöhe am Dahlerauer Wehr bestimmt. Diese frühen Messungen waren demnach für die späteren Beobachtungen der Wupperfluten und deren Eindämmung von der größten Bedeutung.

Die große Wupperflut im November 1890
Die größte Flut im Wuppergebiet und im ganzen Westen Deutschlands entstand am 24. November 1890 nach einem dreitägigen ununterbrochenem Regen, wodurch der seltene Fall eintrat, dass der Abfluss der Bäche und Flüsse dem Niederschlag gleich war. In der Nacht vom 23. auf den 24. November hatte ich durch meine o.g. Regenmessungen die Gewissheit erlangt, dass die Wupper eine Fluthöhe erreichen würde, wie wir sie bisher noch nicht erfahren hatten. Da ich in den letzten Tagen in Friedrichstal einen Schutzdamm an den neuen Arbeitergärten der Wupper entlang vollendet hatte, war ich besorgt, ob derselbe hoch genug war und der großen Flut widerstanden hatte.  Infolgedessen wanderte ich morgens 3 Uhr im Regenmantel und langen Wasserstiefeln in strömendem Regen vor Ort. An der Krebsöge sah ich, dass das Wupperwasser sämtliche Bogen der Wupperbrücke ausfüllte und nur 30 cm tiefer stand als die Brückenoberfläche. In Friedrichstal hatte ich die Genugtuung, dass mein Damm hoch genug war und standgehalten hatte. Ich wanderte dann weiter durch die dunkle Regennacht über Wilhelmstal nach Dahlhausen. Zwischen Wilhelmstal und Dahlhausen war der Weg hoch überschwemmt, so dass ich unter Gefahr am steilen, felsigen Bergabhang bei tiefster Dunkelheit entlang klettern musste. Als ich den Berg neben dem Dahlhauser Wehr erreicht hatte, sah ich auf dem Dahlhauser Obergrabendamm an der anderen Seite der Wupper Laternenlichter hin und her wandern. Man beobachtete dort den Wehrüberlauf, in der Sorge, dass das Wasser über den Wehrkopf und die obere Kante der Stützenbalken laufen könnte, der Obergrabendamm hätte weggerissen werden können. Ich hatte indessen keine große Besorgnis wegen der Überflutung des Wehrkopfes, weil ich unterwegs im Kopf ausgerechnet hatte, dass, wenn der Wupperabfluss die Niederschlagsmenge erreicht hätte, der Wasserstand noch 10 cm unter der Wehrkopfhöhe bleiben würde. Als ich den Obergrabendamm erreicht hatte, beruhigte ich die dort Versammelten und beobachtete mit ihnen den wunderbar schönen Wehrüberlauf, einen glatten, zwei Meter hohen Wasserwall, der in mächtigen schaumbedeckten Wellen etwa vier Meter hoch abstürzte und in dem unteren Abzugsbecken vor dem Weiterfließen hoch aufwallte.


Schon seit 1883 hatte Albert Schmidt die Wupperwassermengen in Dahlhausen erhoben, die Erkenntnisse flossen in den Fabrik- und Wassergrabenbau vor Ort ein und dienten Prof. Otto Intze als Berechnungsvorausetzung für die technische Talsperrenkonzeption. Abb. 11 zeigt ein Originalfoto von der Wupperhochflut am 24. November 1890 in Wuppertal. Prof. Intze benötigte auch hier die Aufzeichnungen Albert Schmidts zum Vortrag bei den preußischen Behörden in Berlin.

Faszination und Schrecken einer Katastrophe
Es war inzwischen hell geworden. Wir konnten nun den wunderbaren Anblick des hochangeschwollenen Flusses genießen, der das ganze Tal ausfüllte und seine gelben Wasserfluten schäumend talwärts wälzte. Aus jeder Mulde und Falte der Uferberge stürzten schäumende Wasserfälle ins Tal. Tausende Quellen waren geöffnet und sandten ihre Wassermengen bergab. Es war ein Rieseln und Rauschen, wie es die Bibel bei der Beschreibung der Sintflut berichtet. Sämtliche Fabriken, der untere Teil Beyenburgs, die tiefliegenden Straßen von Barmen-Elberfeld waren hoch überschwemmt. Im Weidenhof in Elberfeld war das Wasser durch die Fenster nach der Wupper hin in Speisesaal und Küche geflossen. In Barmen waren vier Personen und ein Postpferd ertrunken. Der Schaden, den die Flut in beiden Städten erzeugt hatte, wurde auf eine Million Mark berechnet.

Künftiges Eindämmen der Hochfluten
Wenn die Novemberflut von 1890 auch die bis dahin höchste Flutwelle geliefert hatte, so ist es doch nicht ausgeschlossen, dass noch höhere Flutwellen bei besonderen Gelegenheiten eintreten und den an den Flüssen liegenden Ortschaften verhängnisvoll werden können. Wenn im Dezember 1925 die Schneeschmelze mit der drei Tage späteren Wasserhochflut zusammengetroffen wäre, würde so eine Flutwelle entstanden sein, welche die beschriebene höchste Flut fast verdoppelt und unsägliches Unglück gebracht hätte. Die Verwaltungen der großen Wupperstädte haben die Gefahr eingesehen. Sie sind bestrebt, durch Talsperrenanlagen und Schutzbecken die gefährlichsten Spitzen der Hochflutwellen unwirksam zu machen.


Wie man auf diesem frühen Foto aus Dahlhausen sieht, bestimmte das Wupperwasser seinerzeit das ganze Leben. Brücken verbanden die beiden Uferseiten für Individualverkehr und Lieferung, die Fabriken nutzten das Wasser als Antrieb und sonstige Energiequelle. Das ungebändigte und manchmal auch ausbleibende Fließen der Wupper machte die Fabriken abhängig und den Verkehr oftmals gefährlich. Deshalb wurden nach und nach Wupperwehre, Ausgleichsweiher und Talsperren angelegt. Auf Abb. 13 sehen wir eine graphische Darstellung von Albert Schmidt aus der 2. Auflage seines Buches über „Die Wupper“. Unter der Generalüberschrift „Talsperren im Wuppergebiet“ zeigt sie den Ausgleichsweiher Leyersmühle – Bauzeichnung des Überfallwehres. Albert Schmidt fertigte diese Darstellung für die Wuppertalsperrengenossenschaft im März 1912 an.

Albert Schmidts Bericht endet mit den Worten:
„Wenn ich am späten Lebensabend die aus den Falten des Gehirns auftauchenden, mich fast überflutenden Erinnerungen an die Erlebnisse bei den seit vielen Jahren ausgeführten Wasserbauten überblicke, so muss ich mir sagen, es ist unmöglich, einen erheblichen Teil derselben mitzuteilen.“

Albert Schmidt, der „Bezwinger der Wupper“, der übrigens wie seine zwei jüngeren Brüder durch und durch naturwissenschaftlich eingestellt war, versah seine Beiträge wie in unserem heutigen Text gern auch mit Zitaten deutscher Dichter. Angesichts der gegenwärtigen katastrophalen Wetterkapriolen im beginnenden Sommer des Jahres 2016, auch und gerade im Bergischen Land, wäre hier ein früher oft bemühtes Zitat aus Karl Gutzkows Roman Uriel Acosta einschlägig, zumal es der Lenneper Talsperrenbauer nachweislich kannte:
Es lautet:  Ben Akiba – Alles schon mal dagewesen!

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